„Dem Glück eine Chance geben" - Johann Aulila

Dass es im Leben einen Wendepunkt gibt, an dem man wieder von Null beginnen muss, ist keine Seltenheit. Dass jemand aber gleich dreimal einen Kaltstart hinlegen muss, ist schon ungewöhnlich. Johann Aulila hat es geschafft, mit Unermüdlichkeit und mit einem Gespür für Mitarbeiter und Kunden.

Marcel und Johan Aulila

 

„Dem Glück eine Chance geben" – das war für den Donauschwaben Johann Aulila der Wahlspruch, als er 1979 als 19-Jähriger zusammen mit einem Freund aus seiner Heimat hinter dem Eisernen Vorhang in den Westen flüchtete. „Da ich einen Onkel in Spaichingen hatte, bin ich damals im Schwäbischen gelandet", erinnert sich Johann Aulila. Zunächst hat er in Ulm Feinwerktechnik studiert und danach erste Erfahrungen als Entwickler bei AEG Satellitentechnik gesammelt.

Durch Leine & Linde ist damals ein intensiver Kontakt nach Schweden entstanden und so ist Aulila mit den schwedischen Sicherheitsspezialisten von Jokab Safety in Berührung gekommen. Deren Sicherheitsprodukte hat er in sein VertriebsportfolioSafety Simplifier aufgenommen und war damit so erfolgreich, dass er schon 2001 zur deutschen Jokab Safety GmbH umfirmiert hat. 2002 ist sogar Jokab Schweden als Minderheitsbeteiligung bei ihm eingestiegen.

Ein jähes Ende

So hat Johann Aulila den Umsatz der deutschen Jokab Safety von 1,2 Mio im Jahr 2003 bis 2010 auf stolze 10 Mio. in die Höhe getrieben. Mit diesem Höhenflug war es allerdings Ende 2010 jäh zu Ende, als die Schweden ihr Unternehmen an ABB verkauft haben – ohne Johann Aulila mit ins Boot zu holen. Zähneknirschend hat also auch er seine GmbH an ABB verkauft und noch eine gewisse Übergangszeit für ABB gearbeitet. „Mir war allerdings von Anfang klar, dass ich nicht bei ABB bleiben will. Wenn man einmal gewohnt ist, selber zu gestalten, kann man kein Korsett gebrauchen: Das macht dann keinen Spaß."

Also hat er sich auf die Suche gemacht, wie es für ihn weiter gehen kann. Fündig wurde er beim aufstrebenden – natürlich schwedischen – Unternehmen RSP, das Roboterperipherie wie Drehdurchführungen herstellt. „Begeistert hat mich insbesondere deren innovatives Verschluss-System Trueconnect – das ist echt genial." Auch mit dem Firmengründer Eddie Ericsson lag und liegt Johann Aulila auf einer Wellenlänge: „Ein toller Typ mit viel Energie und viel Ideen."

Erneuter Kaltstart

Unter dem Motto „We dress and make your robots safe" hat Johann Aulila daher schon recht bald seine alte Leidenschaft für die Maschinensicherheit wieder entdeckt – und 2013 mit SSP (Safety System Products) ein Schwesterunternehmen gegründet. „Angefangen haben wir zunächst mit Schutzzäunen, und zwar ehemaligen Jokab-Zäunen, für die ABB keine Verwendung hatte und die wir daher wieder zurückgekauft haben", erinnert sich Aulila.

Ergänzend zu den Zäunen hat Aulila das SSP-Portfolio in den folgenden Jahren Stück für Stück ausgebaut, etwa über Partnerschaften: So vertreibt er inzwischen auch die Safety-Lichtvorhänge und Safety-Kleinsteuerungen des italienischen Spezialisten Reer und die Safety-Türzuhaltungen des englischen Unternehmens Fortress Interlocks.

Nach den Erfahrungen mit dem überraschenden Jokab-Verkauf war es ihm aber auch sehr wichtig, auf eigenen Beinen zu stehen. Daher hat er bei SSP eine ganze Reihe von Eigenentwicklungen angestoßen. Besonders stolz ist er auf den Safety Simplifier, ein Bediengerät mit integrierter Safety SPS. Sicherheitssensoren, Lichtvorhänge, Türzuhaltungen oder Zustimmtaster werden einfach vor Ort an den Safety Simplifier angeschlossen und die Sicherheits- und Informationssignale über ein Wireless-System drahtlos ausgetauscht. Entwickelt hat Johann Aulila das System übrigens zusammen mit dem ehemaligen Jokab-Safety-Gründer Mats Linger.

 

Das Geheimnis des ErfolgsFirma SSP

Rund 60 Prozent des Umsatzes macht SSP inzwischen mit eigenen Produkten. So ist er in den letzten Jahren jährlich um bis zu 50 Prozent gewachsen und erreicht heute mit RSP rund 2 Millionen und mit SSP knapp 7 Millionen Euro Umsatz. 40 Leute arbeiten in den beiden Unternehmen, die stolze 700 bis 800 Unternehmen zu ihren Kunden zählen.

Was das Geheimnis seines Erfolges ist? „Man muss eben dem Glück eine Chance geben", lächelt Johann Aulila und ergänzt, dass er wohl auch einen ganz guten Riecher für Kundenbedürfnisse habe und gut Mitarbeiter motivieren könne. Das findet übrigens auch sein Sohn Marcel, der 2014 nach seinem BWL-Studium ins väterliche Unternehmen eingestiegen ist: „Dass wir viele langjährige Mitarbeiter haben und dass damals viele gute Leute wieder von ABB zu SSP gewechselt sind, zeigt, dass mein Vater einiges richtig macht."

Marcel Aulila lobt aber auch die „Unermüdlichkeit" des Vaters: „Samstag ist für ihn ein normaler Werktag und auch der Sonntag ist oft noch ein halber Arbeitstag. Dabei verliert er aber nie den Spaß." Mit dieser Unermüdlichkeit steht er selbst dem Vater aber in nichts nach: Denn Marcel Aulila ist im Unternehmen SSP inzwischen nicht nur Vertriebsaußendienstler für den Bereich Ba-Wü, sondern auch für das Thema Marketing und Presse zuständig.

 

Autor: Armin Barnitzke

Gerkürzte Version, Vollversion des Interviews: https://automationspraxis.industrie.de/menschen-macher/der-neustarter-gib-dem-glueck-eine-chance/